«Jetzt steht die Prüfung an»

Ein Salontisch fordert den angehenden Schreinerpraktiker Sascha-Silvio Zaugg heraus. Will er die Abschlussprüfung bestehen, muss er das Möbel in 16 Stunden anfertigen. Der 28-Jährige darf auf Unterstützung zählen: Die Schreinerei der Stiftung Terra Vecchia leistet individuellen Support.

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«Jetzt steht die Prüfung an»
«Jetzt steht die Prüfung an»

Sascha-Silvio Zaugg hat ein Faible für Holz. Offenbar steckt es in seinen Genen: «Mein Vater war Schreiner und führte eine eigene Schreinerei», sagt er. Als Kind habe er seinem Vater manchmal im Betrieb geholfen und im Werkunterricht der Schule gelegentlich ein Objekt aus Holz hergestellt, erzählt er. Nun steht der 28-Jährige kurz vor dem Lehrabschluss als Schreinerpraktiker EBA. Sein Werdegang war zuvor von Lehrabbrüchen gekennzeichnet, da er mit den Anforderungen der Berufsschule, die eine Lehre mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis EFZ stellt, überfordert war. Er musste sich deshalb mit Hilfsarbeit über Wasser halten. Im Rahmen einer Abklärung bei der Invalidenversicherung stellte man fest, dass er bei der beruflichen Integration auf Unterstützung angewiesen ist. Diese fand er in der Schreinerei der Stiftung Terra Vecchia. «Ich konnte einen Monat lang schnuppern», so Sascha-Silvio Zaugg. Danach habe er sich gewünscht, im Betrieb bleiben zu können. Man bot ihm eine Lehrstelle an.

Auftrag eines Kunden

Bevor er sein Eidgenössisches Berufsattest EBA in der Tasche hat, gilt es, eine praktische Prüfung zu bestehen. Es ist ein Kundenauftrag, den Sascha-Silvio Zaugg innerhalb von 16 Arbeitsstunden in der Schreinerei ausführen muss. Soeben hat er von Schreiner Rico Schenk eine 3D-Zeichnung erhalten, die einen Salontisch aus Ahornholz zeigt. «Nun habe ich eine Woche lang Zeit, um mich auf die Prüfung vorzubereiten», meint der Lernende. Er wird sich mit dem Objekt beschäftigen und in einem ersten Schritt die verschiedenen Holzplatten und -tablare zuschneiden. Ausserdem steht in den Tagen vor der Abschlussprüfung die Repetition von verschiedenen Verbindungs- und Verleimungstechniken an, die ein Schreinerpraktiker beherrschen muss. Rico Schenk begleitet den Lernenden dabei: «Ich gebe ihm Tipps und unterstütze ihn, damit er möglichst rationell arbeiten und Sicherheit erlangen kann», so der Berufsbildner und Arbeitsagoge.

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3D-Zeichnung als Hilfestellung

In der Schreinerei der Stiftung Terra Vecchia kennt man die Stärken und Schwächen des Auszubildenden: «Sascha-Silvio ist enorm zuverlässig», betont Rico Schenk. Er habe während der Lehrzeit kaum Absenzen gehabt. Beim Lesen von komplexen Plänen, wie sie für die Herstellung von Möbeln oder im Innenausbau üblich sind, stösst der Lernende allerdings an Grenzen. Deshalb haben die Verantwortlichen frühzeitig eine 3D-Zeichung des Salontisches erstellt, sodass er sich im Vorfeld mit der Prüfungsarbeit auseinandersetzen kann. Es handelt sich dabei um eine wichtige Hilfestellung: «Würde man ihm unmittelbar vor der Prüfung einen detaillierten Plan des Salontisches, mit Angaben von allen Massen, hinlegen, wäre er damit wohl überfordert», meint Rico Schenk. Im Hinblick auf die begrenzte Prüfungszeit ist Sascha-Silvio Zaugg dankbar für die sorgfältige Vorbereitung: «Wenn ich auf dem Plan die Masse nicht verstehen würde, käme es zu Verspätungen», bemerkt er. Die 3D-Zeichung hingegen schaffe Klarheit.

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Beobachten und beurteilen

Am Prüfungstag selbst wird der Absolvent zuerst einen Arbeitsablauf erstellen und danach mit der Herstellung des Salontisches beginnen. Rico Schenk wird ihn dabei beobachten und beurteilen. Er tut dies gestützt auf Vorgaben des Verbands Schweizer Schreinermeister und Möbelfabrikanten, die beispielsweise Kriterien wie Fachkompetenz, Arbeitsverhalten, Selbstständigkeit, Arbeitstempo und -sicherheit sowie Sozialkompetenz umfassen. «Ich werde mich im Hintergrund halten, sodass Sascha-Silvio möglichst wenig von meiner Beurteilung bemerkt», so Rico Schenk. Während der Prüfungszeit wird der Lernende nicht sich selbst überlassen. Gemäss Reglement darf er sich beim Berufsbildner Hilfe holen, was sich allerdings auf die Benotung auswirkt: Je mehr Support, desto mehr Abzug. Das Gleiche gilt bei Zeitüberschreitung.

Besuch der Experten

Sascha-Silvio Zaugg blickt der Zukunft optimistisch entgegen und glaubt, dass er die Prüfung bestehen und die Lehre abschliessen wird. Diese Einschätzung teilt Rico Schenk: «Mit der nötigen Unterstützung wird er es schaffen», sagt er. Die Lehre dürfte zum Sprungbrett werden, um im ersten Arbeitsmarkt anzukommen. Vorerst muss Sascha-Silvio Zaugg aber den Salontisch erstellen und den Besuch der externen Prüfungsexperten abwarten. Sie werden das Werk begutachten und dem Lehrabgänger viele Fachfragen stellen. Auch dieses Abschlussgespräch wird in der Schreinerei Terra Vecchia unter vier Augen trainiert. Rico Schenk, der selbst als Prüfungsexperte im Einsatz ist, weiss, worauf es ankommt. In seiner Rolle als Berufsbildner überlässt er nichts dem Zufall.

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Sascha-Silvio Zaugg ist auf gutem Weg, die Lehre zum Schreinerpraktiker EBA erfolgreich abzuschliessen. Das offizielle Ergebnis wird im Juni 2022 bekannt gegeben.